Pigmentdispersionssyndrom und Pigmentdispersionsglaukom

Kategorien: Grüner Star - GlaukomPublished On: 30. Mai 2022Von 5,6 min read

Dr. med. Gabriele Valaisaite

Fachärztin für Augenheilkunde

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Inhaltsverzeichnis

pigmentdispersionssyndrom

Das Pigmentdispersionssyndrom (PDS) ist eine seltene Erkrankung des Auges. Bei dieser lösen sich Pigmentzellen von der Rückseite der Iris ab und gelangen ins Kammerwasser des Auges. Bleibt die Erkrankung unbehandelt, kann es zu Ansammlungen der Pigmentzellen in der vorderen Augenkammer kommen. Derartige Ansammlungen wiederum können im Laufe der Zeit zu einer Verstopfung des Kammerwasserabflusses führen.

Die daraus resultierende Ansammlung von Kammerwasser erhöht den Augeninnendruck – es kommt zum Pigmentdispersionsglaukom (Pigmentglaukom). Die beschriebene Entwicklung vollzieht sich dabei jedoch nicht zwangsläufig. In einigen Fällen bleibt die Verstopfung des Abflusses aus und der Augeninnendruck steigt lediglich gelegentlich, nicht aber dauerhaft an. Sobald der Druck allerdings gross genug und zudem dauerhaft ist, kann der Sehnerv geschädigt werden. Die Demarkationslinie dieser beiden Verlaufsformen trennt das reine Syndrom vom Pigmentdispersionsglaukom (Pigmentglaukom).

Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursachen des Syndroms sind noch nicht ausreichend erforscht. Vorherrschend ist jedoch die Annahme, dass eine konkave Form der Iris die Herauslösung von Pergamentzellen begünstigt. Durch diese Bauform kommt es zum Kontakt zwischen Iris und Zonulafasern, die für die Aufhängung der Linse verantwortlich sind. Aufgrund dieses Kontakts entsteht Reibung, welche zur Ablösung der Pigmentzellen führt. Besonders ausgeprägt ist die Reibung bei Druckerhöhung im Auge, wie sie bei körperlicher Belastung, aber auch beim einfachen Lidschlag auftritt. Darüber hinaus kann eine schlechte Durchblutung des Sehnervs die Entstehung eines Pigmentglaukoms begünstigen. Starkes Schnarchen, welches mit kurzzeitigen Atemaussetzern einhergeht, vermindert die Versorgung der Sehnerven mit Sauerstoff. Dadurch ist bei bereits bestehendem PDS auch das Risiko für ein Pigmentglaukom erhöht.

Auffällig ist ferner, dass der weit überwiegende Teil der Betroffenen kurzsichtig ist. Diese Kurzsichtigkeit steht in mittelbarem Zusammenhang mit der Herauslösung der Pigmente: Beide Auffälligkeiten teilen sich ihre Ursache in der besonderen Form der Iris.

Die Ursache des Pigmentdispersionssyndroms (PDS) ist unterdessen eindeutig: Es liegt in der Verstopfung des Abflussweges des Kammerwassers begründet. Risikofaktoren für die Entwicklung eines Glaukoms scheinen sowohl in der Genetik als auch im Lebensstil zu liegen. Besonders körperliche Anstrengung scheint bei Vorliegen eines Pigmentdispersionssyndroms die Entstehung eines Glaukoms zu begünstigen.

Was sind die Symptome des Pigmentdispersionssyndroms?

Zu spürbaren Symptomen kommt es im Rahmen des Syndroms zunächst nicht. Die Betroffenen bemerken die Ablösung der Pigmentzellen in aller Regel nicht. Auch Sehstörungen treten nicht auf. Das einzige Anzeichen eines Pigmentdispersionssyndroms, das bereits im frühen Krankheitsstadium auftritt, ist der sog. Pigmentsturm. Bei starker körperlicher Anstrengung werden zahlreiche Pigmentzellen gleichzeitig aus der Iris herausgelöst und gelangen ins Kammerwasser. Dadurch kommt es zu einem starken Anstieg des Augeninnendrucks, der zu vorübergehenden Sehstörungen sowie zu Kopfschmerzen führen kann.

Schreitet die Erkrankung fort und kommt es zum Pigmentdispersionsglaukom (Pigmentglaukom), treten hingegen dauerhaft Symptome auf. Ein typisches Anzeichen ist eine abnehmende Sehkraft. Darüber hinaus werden nach Blick in helles Licht Regenbogenkreise gesehen – was ein relativ sicheres Indiz für das Vorliegen des Pigmentdispersionsglaukoms ist. Bei sehr hohem Augeninnendruck ist überdies verschwommenes Sehen möglich.

Wird das Syndrom im frühen Stadium bemerkt, kamen die Betroffenen in aller Regel nicht aufgrund spezifischer Beschwerden, sondern aufgrund ihrer Kurzsichtigkeit in die Praxis. Im Rahmen der augenärztlichen Untersuchung wird das Syndrom hier teilweise als Zufallsbefund festgestellt. Wie bereits erwähnt ist das gehäufte gemeinsame Auftreten beider Erscheinungen auf die gemeinsame Ursache zurückzuführen.

Untersuchung und Diagnostik

Im Rahmen einer eingehenden augenärztlichen Untersuchung lässt sich das Syndrom gut feststellen. Im Rahmen der Diagnostik zentral ist die Untersuchung mit der Spaltlampe. Im Bereich der vorderen Augenkammer zeigen sich in der Regel Entzündungszellen. Die Spaltlampe ermöglicht es dem Augenarzt, beinahe alle Strukturen des Auges und der Sehnervenkopf eingehend zu untersuchen und Veränderungen im Gesichtsfeld zu bemerken. Beim Syndrom fallen hierbei vor allem folgende Aspekte auf:

  • spindelförmige Ablagerungen von Pigmentzellen an der Innenseite der Hornhaut
  • Ablagerungen der Pigmente im Trabekelmaschenwerk
  • schlitzförmige Defekte der Regenbogenhaut
  • deutliche Ablagerungen von Pigmenten auf der Oberfläche der Iris

Darüber hinaus ist die Messung des Augeninnendrucks indiziert. Beim Pigmentdispersionssyndrom liegt dieser in der Regel im Normalbereich. Nur bei starker Herauslösung von Pigmentzellen steigt er kurzzeitig massiv an. Ist der Ablauf des Kammerwassers durch eine Ansammlung von Pigmentzellen bereits merklich verstopft, ist er hingegen dauerhaft erhöht – in diesem Falle wird vom Pigmentdispersionsglaukom gesprochen. Die Messung des Augeninnendrucks gibt demnach Aufschluss über den Fortschritt der Erkrankung. Steigt er jedoch an, liegen die Werte meist über denen eines primären Offenwinkelglaukoms.

Von anderen Erkrankungen des Auges kann das genannte Syndrom aufgrund der typischen Erscheinung unter der Spaltlampe gut unterschieden werden. Das gilt trotz der in aller Regel recht unspezifischen Symptome.

Behandlung

Grundsätzlich muss zwischen konservativen und operativen Behandlungsmethoden unterschieden werden. Eine konservative Therapie des Syndroms umfasst die Gabe von Betablockern, Prostaglandinen, Carboanhydrasehemmern sowie Alpha-2-Agonisten und Pilocarpin Augentropfen. All diese Substanzen sind in der Lage, den Augeninnendruck zu senken. Damit verhindern sie dauerhafte Augenschäden in Folge der Ablösung der Netzhaut. Die Ursache der Ablösung können sie jedoch nicht beheben.

Als operative Therapie steht die Laser-Iridotomie zur Verfügung. Im Grunde ähnelt die Behandlung der eines primären Offenwinkelglaukoms. Bei der Iridotomie wird mit einem Laser ein Loch in die Iris geschossen. Diese Bearbeitung der Iris soll ihre Form derart verändern, dass kein Kontakt mehr zu den Zonulafasern besteht. Das gelingt jedoch nicht in allen Fällen, weshalb ein derartiger Eingriff zunehmend hinterfragt wird. Eine weitere chirurgische Therapieoption besteht in der Trabekulektomie. Bei diesem Eingriff wird ein künstlicher Abfluss für das Kammerwasser geschaffen, sodass der Augeninnendruck wieder dauerhaft sinken kann. Die Argonlasertrabekuloplastik, eine weitere chirurgische Behandlungsoption, zielt mit anderen Mitteln ebenfalls auf die Herstellung eines funktionierenden Kammerwasserabflusses.

Prognose

In etwa 30 Prozent der Fälle entwickelt sich aus dem Pigmentdispersionssyndrom ein Glaukom. Ein dauerhaft erhöhter Augeninnendruck wiederum gefährdet die Funktionsfähigkeit des Auges. Im schlechtesten Falle droht die Erblindung. Aus diesem Grund ist eine rechtzeitige Therapie mit anschliessender regelmässiger Kontrolle der Entwicklung ratsam.

Beobachtet werden konnte, dass der Glaukom meist nur bis etwa zum 40. Lebensjahr fortschreitet. Zurückzuführen ist das auf die dann erfolgende Härtung der Linse, durch welche der für die Pigmentablösung ursächliche Kontakt beendet wird.

Zusammenfassung: Pigmentdispersionssyndrom und Pigmentdispersionsglaukom

Beim Pigmentdispersionssyndrom kommt es aufgrund einer anatomischen Besonderheit der Iris zur Ablösung von Pigmentzellen auf der Rückseite ebendieser. Die Ansammlung dieser Pigmentzellen im Kammerwasser des Auges lässt den Augeninnendruck steigen. Auf Dauer kann das zu bleibenden Schäden des Auges führen. Behandelt wird sowohl mit Medikamenten als auch operativ. Alle Therapieoptionen zielen auf die Senkung des Augeninnendrucks; die Laseriridotomie will darüber hinaus die anatomische Besonderheit der Iris – und damit die Ursache des Syndroms – beseitigen.

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