Phakomatosen und Auge
Dr. med. Richard Nagy
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Inhaltsverzeichnis
Phakomatosen und Auge: Einleitung
Phakomatosen sind selten. Es handelt sich hierbei um genetisch bedingte Krankheiten, bei denen es aufgrund von Entwicklungsstörungen während der Embryogenese zu charakteristischen Veränderungen an den Augen, der Haut und des Nervensystems kommt. Es gibt verschiedene Arten von Phakomatosen, allerdings sind die meisten genetisch bedingt, entstehen durch Mutationen in spezifischen Genen und können autosomal dominant, autosomal rezessiv oder X-chromosomal vererbt werden.
Neurofibromatose (NF)
Allgemeine Beschreibung
Neurofibromatose umfasst eine Gruppe von drei genetisch unterschiedlichen Krankheiten, die das Nervensystem betreffen. Dazu gehören die Neurofibromatose Typ 1 (NF1), Typ 2 (NF2) und Schwannomatose. NF1, auch als Morbus Recklinghausen bekannt, ist am häufigsten und zeigt Hautveränderungen und Knochen Fehlbildungen. Die Hauptmerkmale der Neurofibromatose Typ 1 (NF1) umfassen Café-au-Lait-Flecken auf der Haut sowie neurologische Abweichungen wie Neurofibrome, welche gutartige Tumore der Nervenhüllen darstellen.
Oculare Manifestationen und ihre Behandlung
- Lisch-Knötchen: Das sind gutartige Hamartome der Iris, die in der Regel nach dem 6. Lebensjahr auftreten. Fast alle erwachsenen NF1-Patienten haben sie. Diese Knötchen sind in der Regel asymptomatisch und bedürfen keiner Behandlung.
- Optikusgliome: Das sind Tumoren, die aus Nervenzellen des Sehnervs stammen. Sie können zu Sehverlust, Schmerzen und sogar zu endokrinen Störungen führen, wenn sie in den Hypothalamus wachsen. Die Behandlung kann Beobachtung, Chemotherapie, Strahlentherapie oder chirurgische Entfernung umfassen, abhängig von der Grösse, Lage und den Symptomen des Tumors.
- Katarakte: Sie können bei NF-Patienten auftreten. Bei Verdacht auf Katarakte erfolgt eine Operation, um die Trübung zu entfernen und die Sehkraft wiederherzustellen.
Tuberöse Sklerose (TS)
Allgemeine Beschreibung
Bei der tuberösen Sklerose, auch als Bourneville Krankheit bekannt, handelt es sich um einen autosomal-dominanten Zustand, der durch Benigne Tumoren in mehreren Organen, darunter das Gehirn, die Haut und die Nieren, gekennzeichnet ist.
Oculare Manifestationen und ihre Behandlung bei tuberöser Sklerose
- Retinale Astrozytome: Diese benignen Tumoren können zu Visusverlust führen, besonders wenn sie bluten oder wenn sie in der Nähe des Sehnervs oder der Makula liegen. In der Regel werden sie beobachtet, es sei denn, sie verursachen Komplikationen. Bei Blutungen oder Visusbedrohung kann eine laserphotokoagulative Behandlung notwendig sein.
- Hypomelanotische Flecken: Weisse Flecken, die manchmal als „Aschefleck“ beschrieben werden, können auf der Retina auftreten. Sie sind oft harmlos, können aber zu diagnostischen Zwecken nützlich sein und bedürfen keiner Behandlung.
Sturge-Weber Syndrom
Allgemeine Beschreibung
Auch als Encephalotrigeminale Angiomatose bekannt, ist dieses Syndrome ein nicht vererbter Zustand, der durch einen Portweinfleck im Gesicht, Augenveränderungen und neurologische Probleme gekennzeichnet ist.
Oculare Manifestationen und ihre Behandlung
- Glaukom: Bei Patienten mit Sturge-Weber-Syndrom kann das Glaukom in einem frühen Alter beginnen und ist oft schwer zu kontrollieren. Es kann durch den erhöhten Druck im episcleralen Venenplexus verursacht werden. Die Behandlung kann medikamentös, mit Lasertherapie oder operativ erfolgen, um den Augeninnendruck zu senken.
- Konjunktivale Hämangiome: Diese können zu Tränen und Reizungen führen und kosmetisch störend sein. Sie können mit Lasertherapie oder chirurgisch behandelt werden.
Von-Hippel-Lindau-Krankheit (VHL)
Allgemeine Beschreibung
Die Von Hippel-Lindau Erkrankung ist ein erblicher Zustand, der durch den Wachstum von Tumoren und Zysten in mehreren Organen gekennzeichnet ist.
Oculare Manifestationen und ihre Behandlung
- Retinale Hämangioblastome: Diese sind kleine, blutgefüllte Tumoren, die zu Sehverlust führen können, besonders wenn sie bluten oder den Sehnerv beeinflussen. Die Behandlung kann durch Laserphotokoagulation, Kryotherapie oder Vitrektomie erfolgen, abhängig von der Grösse und Lage des Tumors.
- Netzhautablösung: Durch die Zunahme von Flüssigkeit unter der Retina aufgrund der Hämangioblastome kann es zu einer Ablösung der Netzhaut kommen, die einen chirurgischen Eingriff erfordert.
Diagnostik der Phakomatosen
Die Diagnose beginnt häufig mit einer klinischen Untersuchung, bei der charakteristische Hautveränderungen und andere physische Anzeichen identifiziert werden. Bei Verdacht auf eine Phakomatose sind oft weitere diagnostische Tests erforderlich:
- Bildgebende Verfahren: Mithilfe von MRT und CT können Gehirn, Augen und andere Körperorgane auf Anomalien, Geschwülsten oder Läsionen untersucht werden.
- Augenuntersuchungen: Fundoskopie kann helfen, retinale Anomalien oder Geschwülste zu identifizieren.
- Genetische Tests: Bei vielen Phakomatosen können genetische Tests eine definitive Diagnose liefern oder das Risiko für Familienmitglieder klären.
- Hautbiopsien: Bei einigen Erkrankungen können Hautproben unter dem Mikroskop untersucht werden, um eine genaue Diagnose zu stellen.
Behandlung von Phakomatosen
Die Behandlungsstrategien für Phakomatosen sind vielfältig und hängen von der spezifischen Erkrankung, dem Ausmass der Beteiligung und den betroffenen Organen ab:
- Medikamentöse Therapie: Einige Symptome oder Geschwülste können mit Medikamenten behandelt werden, beispielsweise Antiepileptika zur Kontrolle von Anfällen oder Medikamente zur Senkung des Augeninnendrucks bei Glaukom.
- Chirurgie: Bestimmte Tumoren oder Läsionen können operativ entfernt werden, um Symptome zu lindern oder das Fortschreiten der Krankheit zu verhindern.
- Lasertherapie: Insbesondere bei okularen Manifestationen kann die Lasertherapie nützlich sein, um retinale Tumoren zu behandeln oder Blutungen zu reduzieren.
- Strahlentherapie: Manchmal kann dies bei bestimmten Gehirn- oder Nerventumoren angezeigt sein.
- Regelmässige Überwachung: Patienten mit Phakomatosen sollten regelmässige medizinische Untersuchungen erhalten, um potenzielle Komplikationen frühzeitig zu erkennen und angemessen zu behandeln.
Abschliessend ist zu sagen, dass die frühzeitige Diagnose und die individuell angepasste Therapie von Phakomatosen entscheidend sind, um die Lebensqualität der Patienten zu verbessern und mögliche Komplikationen zu minimieren.
Phakomatosen und Auge: Fazit
Phakomatosen sind komplexe Erkrankungen, die verschiedene Organe und Gewebe betreffen können und die oft einer multidisziplinärer Betreuung bedürfen. Ihre okularen Manifestationen sind vielfältig und können erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität der Patienten haben. Ein frühzeitiges Erkennen, gezielte Behandlung und eine kontinuierliche Überwachung sind entscheidend für den Erhalt der Sehkraft und die allgemeine Gesundheit der Patienten. Es ist wichtig, dass der Augenarzt und Neurologe eng zusammenarbeiten, um die bestmögliche Versorgung zu gewährleisten. Weitere Arten der Phakomatosen kann unter anderem das Louis-Bar-Syndrom (ataxia teleangiectatica) sein.