Tränende Augen – Symptome, Ursachen und Behandlungsansätze
Dr. med. Richard Nagy
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Inhaltsverzeichnis

Tränende Augen, in der Fachsprache als Epiphora bezeichnet, sind lästig und können verschiedene Ursachen haben, darunter harmlose Reaktionen wie Allergien oder Erkältungen, strukturelle Veränderungen oder seltene Erkrankungen. Für eine präzise Ermittlung der Ursache ist eine sorgfältige Evaluation der begleitenden Symptome und Umstände erforderlich. Die häufigsten Auslöser finden Sie hier im Überblick.
Ursachen von tränenden Augen
Tränende Augen treten aus verschiedenen Gründen auf. Um den Auslöser zu identifizieren, ist zu beobachten, unter welchen Bedingungen die Symptome auftreten. In den meisten Fällen sind die Auslöser harmlos: Allergien gegen Pollen oder Tierhaare verursachen leider nicht nur Niesanfälle, sondern auch einen verstärkten Tränenfluss.
Neben allergischen Reaktionen ist die Tränenproduktion bei verschiedenen Atemwegsinfekten wie der Influenza, Covid-19 und saisonalen Erkältungen erhöht. Atemwegserkrankungen oder eine einfache Erkältung können ebenso wie eine Bindehautentzündung (verursacht durch Viren oder Bakterien) zu vermehrtem Tränenfluss führen, da der Körper versucht, die Erreger auszuspülen.
Verletzungen oder Fremdkörper im Auge reizen die Oberfläche und können ebenfalls eine Epiphora auslösen. Strukturelle Veränderungen am Auge oder Augenlid, wie nach innen gedrehte Wimpern (Trichiasis, Entropium) oder ein nach außen gekehrtes Lid (Ektropium), das den korrekten Tränenabfluss stört, kommen ebenfalls als Ursache infrage.
Trockene Augen haben häufig zur Folge, dass es zu einem verstärkten Tränenfluss kommt. Obwohl der Zusammenhang paradox erscheint, ist er erklärbar: Sind die Augen nicht in der Lage, genügend Tränenflüssigkeit zu produzieren, um die Augen zu befeuchten, kommt es durch die Bewegungen der Augenlider zu Reizungen auf der ungeschützten Oberfläche der Augen. Die Tränendrüsen bilden mehr Tränen, um den Flüssigkeitsmangel zu kompensieren. Die Menge der produzierten Flüssigkeit übersteigt jedoch die Aufnahmekapazitäten des Bindehautsacks und der Augenoberfläche, sodass die überschüssige Tränenflüssigkeit unkontrolliert abläuft.
Gelegentlich verursacht eine Dakryostenose tränende Augen. Dabei handelt es sich um eine angeborene oder erworbene Verengung oder Unterentwicklung des Tränenkanals. Bei der angeborenen Form hat sich am Ende des Kanals eine Membran gebildet, die den Abfluss der Tränen behindert. Bei der erworbenen Form ist die Verstopfung zumeist altersbedingt und liegt in einer Verengung im Tränennasengang begründet.
Selten treten die Symptome aufgrund einer chronischen Infektion der Tränensäcke oder Erkrankungen der Hornhaut auf. Diese Ursachen gehen normalerweise mit weiteren Symptomen wie starken Schmerzen, sichtbaren Rötungen und/oder einer deutlich ausgeprägten Lichtempfindlichkeit einher. Sehr selten verursacht ein Tumor im Tränensack die Krankheitszeichen.
Bei Frauen in den Wechseljahren sind häufig hormonelle Veränderungen ursächlich für eine verstärkte Produktion von Tränenflüssigkeit.
Symptome von tränenden Augen
Das Hauptsymptom bei Epiphora ist das offensichtliche, vermehrte Auslaufen von Tränenflüssigkeit aus den Augen. Häufig treten jedoch Begleitsymptome auf, die zusätzliche Beschwerden verursachen. Dazu zählen oft ein brennendes Gefühl in den Augen, das Gefühl, einen Fremdkörper im Auge zu haben und eine sichtbare Rötung der Augen. Auch Juckreiz kann vorkommen, insbesondere bei bakterieller Bindehautentzündung oder trockenen Augen.
Manche Symptome können Hinweise auf die zugrundeliegende Ursache geben: Häufiges Niesen deutet oft auf eine allergische Reaktion hin. Treten zusätzlich allgemeines Unwohlsein, Halsschmerzen oder Fieber auf, könnte eine Infektion der Auslöser sein. Bei selteneren, ernsteren Ursachen wie chronischen Infektionen oder Hornhauterkrankungen können auch starke Schmerzen und eine ausgeprägte Lichtempfindlichkeit hinzukommen.
Kann man tränenden Augen vorbeugen?
Übermäßigem Tränenfluss können Sie durch verschiedene gezielte Maßnahmen vorbeugen:
- Schützen Sie Ihre Augen bei windigen Verhältnissen oder in Umgebungen mit Reizstoffen durch eine entsprechende Schutzbrille.
- In Räumen mit Heizung oder Klimaanlage hilft ein Luftbefeuchter, ein augenfreundliches Raumklima zu schaffen und verhindert das Austrocknen der Augen.
- Allergiker sollten bekannte Allergieauslöser möglichst vermeiden und bei Bedarf die vom Arzt verordneten Antihistaminika verwenden.
- Bei längerer Bildschirmarbeit sollten Sie regelmäßige kurze Erholungspausen für die Augen einplanen.
Wie diagnostiziert ein Arzt die Ursache tränender Augen?
Ein Augenarzt erhebt zu Beginn eine umfassende Anamnese. Er stellt fest, seit wann ein Patient unter den Symptomen leidet, wann diese auftreten und ob Vor- und/oder Begleiterkrankungen bekannt sind.
Er überprüft zudem die Anatomie der Augenhöhlen, die Beweglichkeit und Stellungen der Lider sowie die Form und Beschaffenheit der Tränensäcke und Tränendrüsen. Sind keine Auffälligkeiten zu erkennen, überprüft der Augenarzt mithilfe eines Sekretionstests die Menge und Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit.
Ist die Ursache des vermehrten Tränenflusses weiterhin unklar, führt der Arzt weitere Untersuchungen durch, insbesondere dann, wenn er eine Allgemeinerkrankung hinter den Symptomen vermutet.
Wann sollte ein Augenarzt aufgesucht werden?
Eine fachärztliche Behandlung ist anzuraten, wenn eines der folgenden Kriterien zutrifft:
- Die Symptome dauern länger als sieben Tage an und es liegt keine bekannte Allergie oder Infektion vor.
- Die Beschwerden sind wiederkehrend.
- Die Beschwerden sind stark ausgeprägt.
- Es liegen Schmerzen und/oder Sehstörungen vor.
- Es gibt Anzeichen für eine Infektion des Auges.
- Es ist zu einer Verletzung des Auges gekommen oder eine solche ist zu vermuten.
- Der Patient stellt eine verhärtete Masse im Bereich des Tränengangs fest.
Dauerhaft tränende Augen können auf eine Grunderkrankung hinweisen, die einer ärztlichen Behandlung bedarf. Unabhängig von der Ursache können die Symptome zu langfristigen Schäden führen, die die Sehkraft beeinträchtigen.
Welche Behandlung ist bei tränenden Augen zu empfehlen?
Betroffene können durch die Veränderung ihrer Lebensgewohnheiten ihre Anfälligkeit reduzieren: Sie schaffen ein gutes Raumklima durch regelmässiges Lüften und nutzen in der Heizperiode Luftbefeuchter. Sie meiden Dämpfe und (Tabak-)Rauch in der Luft und vermeiden den Aufenthalt in Zugluft. Zudem beugen kurze Pausen bei der Arbeit am Bildschirm tränenden Augen vor. Wer Kontaktlinsen trägt, macht Tragepausen und reinigt die Linsen regelmässig gründlich.
Die Behandlung von Patienten, die trotz dieser Massnahmen weiterhin unter tränenden Augen leiden, hängt von der zugrunde liegenden Ursache ab:
- Sind trockene Augen für tränende Augen verantwortlich, schaffen Augentropfen Abhilfe.
- Infektionserkrankungen können mit Medikamenten behandelt werden.
- Verursacht eine Allgemeinerkrankung oder eine hormonelle Veränderung die Symptome, ist deren Behandlung erforderlich.
- Eine Fehlstellung des Augenlides wird oft durch einen operativen Eingriff behandelt.
Sollte eine Operation bei tränenden Augen in Betracht gezogen werden?
Eine Operation bei tränenden Augen wird dann in Betracht gezogen, wenn die Ursache in einer strukturellen Veränderung oder Blockade der Tränenwege liegt. Reichen konservative Behandlungsansätze wie Augentropfen oder Hygiene der Lidkante nicht aus, kann ein chirurgischer Eingriff notwendig sein. Ziel ist es, den gestörten Tränenabfluss wiederherzustellen – zum Beispiel durch eine sogenannte Dakryozystorhinostomie, bei der ein neuer Abflussweg für die Tränenflüssigkeit geschaffen wird.
Im Anschluss an die Operation ist es besonders wichtig, die Augen vor Infektionen zu schützen und die ärztlich empfohlenen Nachsorgemassnahmen konsequent umzusetzen. So lässt sich der Heilungsverlauf positiv beeinflussen und Komplikationen können vermieden werden.
In vielen Fällen reicht eine einmalige Operation aus, um das Problem dauerhaft zu lösen. Dennoch kann es – je nach Schweregrad der Abflussstörung – notwendig sein, weitere Eingriffe oder ergänzende Behandlungen durchzuführen. Die Wahl des Verfahrens richtet sich stets nach der individuellen Diagnose und reicht von minimal-invasiven Techniken hin zu klassischen, offenen Operationsmethoden.


